Gewerkschaftsforderungen summieren sich auf über 2.300 zusätzliche Vollzeitstellen, die zu Mehrkosten von über 150 Mio. Euro pro Jahr führen würden.
UKGM Geschäftsführung: Das kann keine Basis für einen Entlastungstarifvertrag sein. Wir müssen und werden weiter nach tragbaren Lösungen suchen.
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg hat in der heutigen, dritten Verhandlungsrunde ein klares Signal an ver.di gesandt: Wir sind bereit, mit der Gewerkschaft echte Schritte zu Ihrer Entlastung und zur Beschäftigungssicherung zu vereinbaren. Diese müssen aber für das UKGM stemmbar und verkraftbar sein.
In einer ersten Einschätzung nach Präsentation der Forderungen durch ver.di waren wir in der Geschäftsführung am 9. März davon ausgegangen, dass die einzelnen Forderungen insgesamt auf eine Summe von zusätzlichen rund 300 bis 400 Vollzeitstellen hinauslaufen dürften. Da ver.di keine schriftliche Gesamtforderung vorgelegt hatte, sondern jede Arbeitseinheit und jeder Bereich eigene Forderungen vorgetragen hat, musste sich die Geschäftsführung in den vergangenen sieben Tagen erst einmal einen Überblick verschaffen und nachrechnen, was es bedeuten würde, die Forderungen umzusetzen.
Das Ergebnis war ebenso unerwartet wie schockierend: Die Umsetzung der Forderungen würde die Besetzung von über 2.300 zusätzlichen Vollzeitstellen bedeuten, was zu zusätzlichen Belastungen von über 150 Mio. Euro pro Jahr führen würde.
Dass eine solche Forderung weder personell noch wirtschaftlich umsetzbar ist, werden viele von Ihnen angesichts der Entwicklung der vergangenen Jahre und der aktuellen Lage nachvollziehen können. Nicht nur, dass das UKGM damit nicht mehr fortführbar wäre, es gibt diese zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch gar nicht auf dem Arbeitsmarkt.
Bei allem Verständnis für jede einzelne Forderung müssen wir es so klar sagen: Die Geschäftsführung der UKGM GmbH darf und wird keine Vereinbarungen treffen, die die Zahlungsfähigkeit des UKGM und damit die wirtschaftliche Stabilität unseres Universitätsklinikums gefährden würden.
Auch möchten wir heute noch einmal darauf hinweisen, dass die vom Land in den kommenden zehn Jahren zur Verfügung gestellten Gelder reine Investitionsmittel für Gebäude, Geräte und IT sind. Sie dürfen nicht für Löhne und Gehälter oder zur Deckung anderer laufender Kosten verwendet werden, dies wäre schlicht Untreue.
Unsere zentrale Botschaft an Sie heute ist deshalb: Die wichtigste Grundlage für sichere und attraktive Arbeitsplätze ist ein wirtschaftlich stabiles Unternehmen, das uns unsere Ziele einer hochwertigen universitätsmedizinischen Krankenversorgung, einer herausragenden Forschung und hochqualifizierten Lehre in Gießen und Marburg gemeinsam erreichen lässt.
Wie kann es nun weitergehen?
Wir können uns eine tarifliche Vereinbarung zur Arbeitsplatzsicherung vorstellen - mit Regelungen zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, zur Übernahme von Auszubildenden und zum Ausschluss von Ausgliederungen von Betriebsteilen, wie wir sie in der Anschlussvereinbarung zugesichert haben. Dies könnte im Rahmen einer Gesamteinigung auch für die UKGM Service GmbH gelten.
Wie kommen wir zur Entlastung des Personals, insbesondere dort, wo der Druck besonders hoch ist?
Wir werden unsere Arbeitsorganisation verbessern, wir werden uns zwischen den beiden Standorten besser abstimmen, Synergien heben und Doppelarbeit vermeiden. Zusätzlich werden wir die Digitalisierung und Automatisierung in allen Bereichen massiv vorantreiben, um im Arbeitsalltag viele Abläufe und Handgriffe einfacher zu machen.
Wir sind bereit, an beiden Universitätsklinika neue Arbeitszeitmodelle einzuführen, um konkret Belastungssituationen abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Wir werden die Möglichkeiten des Pflegebudgets und andere gesetzliche Grundlagen zur Entlastung unserer Beschäftigten nutzen und sind bereit, all diese Punkte auch mit der Gewerkschaft zu vereinbaren.
Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist momentan maximal angespannt und dies in allen Sektoren. Wir werden unsere Anstrengungen vervielfachen, derzeit freie Stellen in unseren beiden Häusern zu besetzen und junge Menschen für unsere hervorragenden Ausbildungen zu gewinnen. Die Uniklinika in Gießen und Marburg sind hochinteressante und attraktive Arbeitgeber in der Region. Das ist unser Markenzeichen und dem wollen und werden wir gerecht werden.
Wir haben zugesagt, über konkrete Entlastungen zu verhandeln und diese dann auch umzusetzen. Das sichern wir Ihnen zu. Das Gesamtpaket – sichere Arbeitsplätze, attraktive Arbeitsplätze - muss am Ende jedoch zum UKGM passen und darf die Existenz keinesfalls gefährden.
Wir brauchen ein passgenaues Konzept, das Sie, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zufrieden stellt und von Ihnen mit gutem Gefühl mitgetragen werden kann und das wir als Geschäftsführung mit gutem Gewissen unterzeichnen können, weil es medizinisch und wirtschaftlich zum dem passt, was wir gemeinsam schaffen können. Wir nehmen die Signale von ver.di positiv auf, diesen Weg mit uns jetzt beginnen zu wollen.
Und natürlich gelten Tarifverträge wie immer für alle Beschäftigten, nicht nur für Streikteilnehmer. Das ist in allen Unternehmen in unserem Land so, es ist ein Gebot der Fairness und ein Beitrag zum betrieblichen Frieden.
Zum Schluss noch eine herzliche Bitte: Wir brauchen nun Zeit für ernsthafte Verhandlungen und keine Verschärfung der Lage durch Streiks und Demonstrationen. Denn ein „100-Tage-Ultimatum“, das uns Mitte Dezember gesetzt worden ist und erst am 09.03.2023 mit konkreten Forderungen verbunden wurde, kann nicht eingehalten werden. Als Geschäftsführung dürfen und werden wir uns deshalb davon nicht beirren lassen.
Wir sind ausdrücklich bereit, gemeinsam nach guten Kompromissen zu suchen und sind zuversichtlich, dass wir diese auch finden werden.
Helfen Sie uns bitte dabei - ohne weitere Eskalation. Schenken Sie uns das Vertrauen und die Zeit, tragfähige Kompromisse zu finden.
Folgen Sie bitte nicht den Aufrufen von ver.di zu weiteren Streikmaßnahmen, sondern helfen Sie mit, unsere Aufgaben in der Patientenversorgung, Forschung und Lehre auch in den kommenden Wochen bestmöglich zu erfüllen. Ganz herzlichen Dank dafür.
Wir werden Sie über den Fortgang der Gespräche mit ver.di informieren.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Gunther K. Weiß Prof. Dr. Werner Seger
Prof. Dr. Uwe Wagner Dr. Christiane Hinck-Kneip Dr. Sylvia Heinis