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Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) | 23.03.2023

10 Thesen der Klinikdirektor:innen zum anstehenden Streik am Universitätsklinikum Gießen und Marburg

  1. Die Klinikdirektorinnen und –direktoren sehen mit sehr großer Sorge um die Patientenversorgung einen Streik auf die Bevölkerung zukommen, der anders als in früheren Jahren eine besonders vehemente Auseinandersetzung erwarten lässt.
  2. Es ist selbstverständlich, dass das Streikrecht für eine höhere Entlohnung und für bessere Arbeitsbedingungen ein wesentliches Grundrecht darstellt, welches auch im Gesundheitswesen gelten muss und unangetastet bleiben soll.
  3. Allerdings darf hierdurch das Recht der Bevölkerung auf körperliche Unversehrtheit bei Krankheit oder Unfall nicht beeinträchtigt werden. Wir Klinikdirektoren befürchten allerdings, dass diese Argumente derzeit keine ausreichende Beachtung mehr finden.
  4. Die Kliniken in Marburg und Gießen haben einen unverzichtbaren Versorgungsauftrag für die Bevölkerung als Maximalversorger und universitätsmedizinische Einrichtungen. Im Gegensatz zu Großstädten wie Berlin oder Ballungszentren wie Nordrhein-Westfalen kann die dringliche Versorgung von Patienten bei einem umfassenden Streik am UKGM eben nicht durch andere Krankenhäuser in der Umgegend mit gleichem Kompetenzprofil aufgefangen werden. Dies gilt auch, aber nicht nur, für Patienten mit Tumorerkrankungen und für Kinder.
  5. Wir erachten es somit als absolut unverantwortlich, die Notfallversorgung und die Versorgung kritisch kranker Patienten im Rahmen der Streikaktionen einzuschränken. Es ist in unseren Augen ethisch nicht vertretbar, kritische Stationen wie die Notaufnahmen und die Intensivstationen in den Streik mit einzubeziehen. Ebenso halten wir es für nicht vertretbar, dringliche Operationen – von Notfall-Operation ganz zu schweigen – und dringliche medizinische Maßnahmen, wie z.B. endoskopische Eingriffe und Herzkatheter-Interventionen, durch die Streikmaßnahmen einzuschränken. Es muss jedem klar sein, dass bei einem solchen Vorgehen Patienten zu Schaden kommen werden.
  6. Wir bitten daher alle, sich Ihrer Verantwortung für die Gesundheit unserer Mitmenschen vor Ort bewusst zu sein und trotz Streik auch diesmal die notwendige Patientenversorgung in allen Bereichen sicherzustellen.
  7. Bei den Forderungen der Gewerkschaften im Hinblick auf Arbeitsentlastung und Aufbau von zusätzlichem Personal sollte man im Blick behalten, dass diese Forderungen auch durch real verfügbare Fachkräfte am Arbeitsmarkt gedeckt werden müssen. Entgegen anderslautender Behauptungen ist dieses in Berlin und in NRW eben weitestgehend nicht gelungen.
  8. Nur mittelbar wirksame, aber dringend notwendige Maßnahmen, wie vermehrte Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Schichtdienst, erweiterte Kapazitäten bei Kita-Plätzen und verbesserte und vermehrte Unterbringungsmöglichkeiten von Auszubildenden in unmittelbarer Nähe der Klinik können hier Verbesserungen erwirken.
  9. Die Lösungen müssen und sollen zu Entlastung insbesondere des Pflege- und Funktionspersonals beitragen. Ebenso müssen sie aber für das UKGM wirtschaftlich tragfähig sein, damit eine exzellente Patientenversorgung langfristig gewährleistet bleibt.
  10. Wir bitten daher die beteiligten Konfliktparteien um einen konstruktiven Dialog mit dem Ziel, einen fairen Interessensausgleich baldmöglichst und ohne Gefährdung der Patienten zu erreichen.

 

Vor allem aber: Lassen Sie uns alle zusammen trotz dieser Differenzen die notwendige Patientenversorgung für unsere Bevölkerung sicherstellen, jetzt und in Zukunft!


Prof. Dr. Dr. H.-P. Howaldt                                           Prof. Dr. H. F. W. Wulf
Sprecher der Klinikdirektorenkonferenz                   Sprecher der Klinikdirektorenkonferenz
Gießen                                                                      Marburg

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