26.09.2016 – „23-jähriger Diplom-Ingenieur kollabiert beim Marathon" – so oder ähnlich könnte die Überschrift eines Artikels in den Medien lauten. Was zunächst so klingt, als hätte sich der Mann in seinen besten Jahren schlichtweg übernommen, kann aber auch eine gefährliche Ursache haben, die idealerweise bereits im Vorfeld hätte erkannt und verhindert werden können. Zum mittlerweile fünften Kardio-Intermezzo seit 2007 trafen sich einmal mehr über 400 Experten aus der gesamten Bundesrepublik im Regentenbau in Bad Kissingen, um Fälle wie den des Marathon-Läufers zu diskutieren.
Im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung stand in diesem Jahr die Akut- und Intensivmedizin bei Herz- Kreislauferkrankungen, die auch in dem mit 450 Teilnehmern besuchten Patientenseminar in den Fokus gerückt wurde. „Für Notfallpatienten ist das perfekte Zusammenspiel der Fachabteilungen von besonderer Bedeutung", unterstreicht Chefarzt Prof. Dr. Sebastian Kerber die Notwendigkeit der interdisziplinären, also fachübergreifenden, Zusammenarbeit innerhalb der Klinik. Kardiologen, Elektrophysiologen, Kardiochirurgen und Anästhesisten bemühen sich um einen reibungslosen Ablauf zusammen mit dem pflegerischen Personal, um die Versorgungskette für den Notfallpatienten optimal zu gestalten. „Nicht selten stehen Symptome im Vordergrund, deren Zuordnung nicht immer eindeutig und zweifelsfrei nur einer Fachabteilung zuzuordnen ist", weiß Chefarzt Prof. Dr. Thomas Deneke aus dem Klinikalltag zu berichten. Daher wurde die Veranstaltung durch die Fachbereiche Kardiologie, Kardiochirurgie und zusätzlich der Anästhesie der Herz- und Gefäß-Klinik gemeinsam durchgeführt. „Die optimale Versorgung der Patienten wird am Campus Bad Neustadt durch die Vernetzung der Fachdisziplinen gelebt", ergänzt Chefarzt Prof. Dr. Anno Diegeler.
Patientenseminar und Reanimationstraining
Unter dem Motto „Prüfen. Rufen. Drücken!" legten die Teilnehmer des Patientenseminars in einer praktischen Übung, die in Kooperation mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) Bad Kissingen durchgeführt wurde, dann selbst Hand an und frischten ihre zum Teil über Jahrzehnte zurückliegenden Erfahrungen in der ersten Hilfe auf. „Ein Großteil der Herzstillstände findet im persönlichen Umfeld statt – das heißt zu Hause, beim Sport oder auf der Arbeit. Ehrensache, dass wir unseren Mitbürgern die Möglichkeit geben, ihre Reanimationsfertigkeiten aufzufrischen und so zu Lebensrettern zu werden", so MdL Sandro Kirchner, der die Aktion selbst tatkräftig vor Ort begleitet hat. Auch Priv.-Doz. Dr. Michael Dinkel, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin der Herz- und Gefäß-Klinik am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt, zieht ein positives Fazit: „Durch unser praktisches Reanimationstraining tragen wir dazu bei, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufzubauen sowie Hemmschwellen und Berührungsängste abzubauen."
Die Hemmschwelle, jemand Fremden zu helfen, ist noch einmal höher als bei Personen aus dem persönlichen Umfeld. Insgesamt beteiligten sich 450 Personen und erhielten ein kostenfreies Reanimationstraining. „Man kann nichts falsch machen! Der einzige Fehler ist nichts zu tun", resümiert MdL Sandro Kirchner. Die Aktion hat das Bewusstsein für Erste Hilfe geschärft und zum Handeln im Notfall motiviert. Ein besonderes Aha-Erlebnis war die musikalische Begleitung des Trainings: Wer im Takt eines Disco-Beats reanimiert, hat den lebensrettenden Rhythmus.
Zwar sind die Fälle, in denen einfache, aber lebensrettende Maßnahmen ergriffen werden, seit Einführung der „Woche der Wiederbelebung" von 17 auf 31 % angestiegen. Dennoch ist die Helferquote in Deutschland im internationalen Vergleich zu gering. Die Mund-zu-Mund-Beatmung, vor der sich viele scheuen, ist bei der Wiederbelebung zweitrangig: Mit einer Herz-Druck-Massage werden Gehirn und Organe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes ausreichend mit Sauerstoff versorgt. „Durch eine regelmäßig stattfindende „Woche der Wiederbelebung" können wir sicherlich dazu beitragen, die Wiederbelebungsquote in Deutschland zu erhöhen", so Chefarzt Dinkel.
Die lebensrettende Devise lautet „Prüfen. Rufen. Drücken!": Prüfen, ob die Person noch atmet. Unter der europaweit gültigen Notrufnummer 112 den Rettungsdienst rufen. Fest und mindestens 100 Mal pro Minute in der Mitte des Brustkorbs drücken und nicht aufhören, bis Hilfe eintrifft. „Mit der Erhöhung der Wiederbelebungsrate durch Laienhelfer könnten in Deutschland jährlich ca. 5.000 Menschenleben gerettet werden", sagt der Mediziner. So werden Hemmschwellen in der Bevölkerung vor der Ersten Hilfe abgebaut und die Wiederbelebungsrate in Deutschland gesteigert. „Denn Reanimation ist einfach – Jeder kann ein Leben retten!", fasst Sandro Kirchner zusammen.
Live-Mitschnitte aus dem Operationssaal
In über 80 Präsentationen boten international renommierte Referenten sowie Mitarbeiter der Herz- und Gefäß-Klinik Bad Neustadt einen aktuellen Über- und Ausblick. Neu und besonders spannend waren in diesem Jahr die sogenannten „Live-in-the-box-Sessions", in denen Katheter- und Operationseingriffe live von den Experten vorgestellt und kommentiert bzw. diskutiert wurden. Darüber hinaus referierten über 70 Experten beim Kardio-Intermezzo und standen auch in gewohnter Manier für konstruktive wie kontroverse Diskussionen und Dialoge zur Verfügung. Das Programm richtete sich dabei an ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich der ambulanten und stationären Medizin sowie an das nicht-ärztliche Assistenzpersonal der Arztpraxen, der Herzkatheter- und Elektrophysiologielabore sowie der pflegerischen Bereiche.
Das Kardio-Intermezzo der Herz- und Gefäß-Klinik am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt fand 2016 bereits zum fünften Mal statt. Das nächste Intermezzo mit gewohnt exzellenten Fachbeiträgen und einem ansprechenden Rahmenprogramm ist bereits für das Jahr 2018 vorgesehen.
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