FRANKFURT (dpa-AFX) - Die vorerst geplatzte Übernahme von Rhön-Klinikum
<RHK.ETR> hat deren Aktien am Montag absacken lassen. Am Vormittag brachen die
Titel des Klinikbetreibers im festen MDax <MDAX.ETR> um 11,73 Prozent auf 16,665
Euro und waren damit abgeschlagen größter Verlierer. Für die Papiere des
Medizinkonzerns Fresenius <FRE.ETR>, der nicht genug Rhön-Aktionäre mit seiner
Kaufofferte überzeugen konnte, ging es um 0,64 Prozent auf 81,26 Euro bergab.
Damit gehörten sie zu den schwächsten Werten im ebenfalls freundlichen Dax
<DAX.ETR>.
Fresenius hat sein Ziel verfehlt, mindestens 90 Prozent plus eine Aktie des
Klinikbetreibers zu erwerben. Insgesamt waren 84,3 Prozent des Grundkapitals von
Rhön angedient worden. Der Fresenius-Konkurrent Asklepios-Kliniken hatte sich
noch kurz vor Fristablauf eingeschaltet und 5,01 Prozent an Rhön erworben. Laut
Fresenius-Vorstandschef Ulf Schneider wurde so die Ãœbernahme blockiert, ohne
'konstruktive Alternative' anzubieten. Fresenius arbeitet nun nach eigenen
Angaben weiter an der Fusion, um den europaweit größten privaten
Krankenhausbetreiber mit einem Umsatz von rund sechs Milliarden Euro zu formen.
ÃœBERNAHME NOCH NICHT KOMPLETT VOM TISCH
Einem Börsianer zufolge waren die Rhön-Aktien wegen der Aktion von Asklepios
zwar bereits vor dem Scheitern der Ãœbernahme unter Druck geraten. Mit den Fakten
rutschten sie nun aber nochmals ab. Er wies zudem darauf hin, dass Rhön-Klinikum
einen negativen Einfluss des gescheiterten Ãœbernahmeprozesses auf die eigene
Ertragslage sieht.
Equinet-Analyst Edouard Aubery sah einen kurzfristig starken Verkaufsdruck
auf die Rhön-Aktien. Weil die Übernahme noch nicht komplett vom Tisch sei und er
den fairen Wert weiter bei knapp 22 Euro sehe, könnten sich nun zwar
interessante Kaufgelegenheiten für mittelfristig orientiere Investoren ergeben.
Zunächst rate er aber dazu, abzuwarten und auf attraktivere
Einstiegsmöglichkeiten oder weitere Nachrichten zu einer möglichen
Konsolidierung im privaten deutschen Krankenhaussektor zu warten. Aubery
bewertet Rhön-Klinikum weiterhin mit 'Hold' und einem Kursziel von 22,00 Euro.
Auch für Fresenius seien die gescheiterten Verhandlungen eine schlechte
Nachricht, führte der Equinet-Experte weiter aus. Doch spätestens nachdem
Asklepios seinen Einstieg bei Rhön am vergangenen Mittwoch bekannt gegeben habe,
sei das Aus für die Pläne von Fresenius sehr wahrscheinlich geworden und sollte
daher auch nicht überraschen. Der Medizinkonzern habe aber auch ohne
Rhön-Klinikum genügend Möglichkeiten für ein externes Wachstum, etwa durch
weitere Akquisitionen der Töchter Helios und Kabi, betonte Aubery. Er beließ
Fresenius auf 'Accumulate' mit einem Ziel von 89,00 Euro.
FRESENIUS-TOCHTER HELIOS KANN AUCH OHNE RHÖN ÜBERLEBEN
'Obwohl ein Zusammenschluss für beide Konzerne begrüßenswert gewesen wäre,
könnte insbesondere Helios mit Fresenius im Rücken auch gut allein überleben',
meinte auch Analyst Timo Kürschner von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Die Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro habe die Verschuldung bei Fresenius
ans untere Ende des Zielkorridors gedrückt. Damit habe der Medizinkonzern alle
Möglichkeiten für weitere Zukäufe. Durch ein endgültiges Scheitern der
Rhön-Übernahme könnte allerdings 'eine historische Chance zum Aufbau eines
großen privaten Klinikbetreibers mit einem nennenswerten Anteil am deutschen
Klinikmarkt auf Jahre hinaus verzögert worden sein'. Der Experte bewertet
Fresenius unverändert mit 'Kaufen' und einem Kursziel von 100,00 Euro.
S&P Equity Research beließ Rhön-Klinikum auf 'Strong Sell' mit einem Ziel
von 16,00 Euro und Fresenius auf 'Hold'. Analyst Jacob Thrane sah die Aktien des
Klinikbetreibers stark unter Druck. Zum Schlusskurs von 14,77 Euro vor der
Fresenius-Offerte hätten sie auf Basis des Freitag-Schlusskurses rund 20 Prozent
Abwärtspotenzial, rechnete er vor. Die von Rhön nicht näher bezifferten Kosten
durch die gescheiterten Übernahmeverhandlungen schätzt der Analyst auf rund 15
Millionen Euro. Daher habe er seine Schätzungen für den Gewinn vor Zinsen und
Steuern (EBIT) sowie das Ergebnis je Aktie (EPS) im laufenden Jahr um zehn
respektive elf Prozent nach unten revidiert./gl/rum
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| 02.07.2012