FRANKFURT (dpa-AFX) - Ulf Schneider wollte der strahlende Sieger im
Übernahmekampf um den fränkischen Konkurrenten Rhön-Klinikum sein. Doch wenn der
Fresenius-Chef diese Woche erneut vor den Aufsichtsrat tritt, könnte er am Ende
als der große Verlierer dastehen. Ende Juni waren die Hessen mit ihrem Gebot von
3,1 Milliarden Euro für Rhön gescheitert - inklusive Schulden wäre der Deal 3,9
Milliarden Euro schwer gewesen. Dass das sechsköpfige Gremium nach dem Scheitern
des ersten Übernahmeversuchs nun aber grünes Licht für eine zweite
Milliardenofferte gibt, ist fraglich. 'Der Aufsichtsrat sieht eher die
Schwierigkeiten dieser Variante und ist noch nicht überzeugt', sagte eine mit
der Transaktion vertraute Person der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am
Dienstag.
Denn Schneider strebt bei seinem neuen Versuch nur noch eine Beteiligung in
Höhe von 50 Prozent plus eine Aktie an. Damit könnte Fresenius aber viele seiner
ursprünglichen Ziele nicht realisieren. Mit einer Sperrminorität von zehn
Prozent lassen sich bei Rhön wichtige Entscheidungen auf der Hauptversammlung
blockieren. Eine mittelfristige Aufstockung auf 90 Prozent und mehr ist für
einen zweiten Insider unsicher: 'Denn beim zweiten Mal werden vor allem
Finanzinvestoren versuchen, Druck auszuüben und einen höheren Preis fordern,
weil sie wissen, dass Fresenius eine klare Mehrheit haben will.'
Für Fresenius im Allgemeinen und Schneider im Besonderen ist dies vor allem
deshalb bitter, weil der Gesundheitskonzern beim ersten Anlauf besser
weggekommen wäre. Fresenius hätte nämlich die Annahmeschwelle von 90 Prozent
plus einer Aktie auf 80 oder 85 Prozent des Rhön-Grundkapitals senken können.
Doch dies hatte Schneider siegessicher abgelehnt. Letztlich waren dem
Konzern aber mit rund 84 Prozent der Rhön-Anteile zu wenig für eine - gemessen
an den selbst gesteckten hohen Zielen - erfolgreiche Ãœbernahme angedient worden.
Schneiders Traum war geplatzt. Und nun müsste der zuvor erfolgsverwöhnte Manager
auch noch eine dicke Kröte schlucken. Denn eine abgesenkte Quote und die damit
verbundene Verlängerung der Angebotsfrist um 14 Tage wäre nach Einschätzung von
Beobachtern im Vergleich zu der nun angestrebten 50-Prozent-Lösung das weitaus
geringere Ãœbel gewesen.
Zudem Schneider auch noch mit dem Widerstand eines Konkurrenten kämpfen
muss. Bernard Broermann, Gründer und Eigner der Klinikkette Asklepios, war beim
ersten Übernahmeversuch kurz vor Ende der Angebotsfrist mit gut fünf Prozent bei
Rhön eingestiegen - um die Bildung des mit Abstand größten privaten
Krankenhauskonzerns Deutschlands zu verhindern. Die Chance, dass Broermann nun
noch einlenkt, halten Branchenkenner für gering. 'Derzeit gibt es keine
Gespräche zwischen ihm und Schneider', verlautete aus Kreisen. Der
Asklepios-Gründer halte mittlerweile rund 7 Prozent. 'Zusammen mit anderen - ihm
nahestehenden Aktionären - liegt der Rhön-Anteil bei rund 15 Prozent', sagte
eine mit der Transaktion vertraute Person.
Mit seiner Blockade der Ãœbernahme sorgte Broermann allerdings nicht nur bei
Fresenius-Chef Schneider und Rhön-Gründer Eugen Münch für Unmut. Auch
Finanzinvestoren zeigten sich verärgert, da sie durch das Scheitern der ersten
Offerte viel Geld verloren haben. So war der bekannte US-Hedgefonds-Investor
John Paulson bei Rhön mit rund vier Prozent eingestiegen und hatte sein
Aktienpaket Fresenius zu 22,50 Euro angedient.
Für den Fall, dass die zweite Offerte nicht zustande kommt, versucht sich
der Fresenius-Chef durch ein Hintertürchen zu retten: Das Interesse an Rhön sei
nicht von einem Mangel an Privatisierungsmöglichkeiten getrieben, sagte der
Manager Anfang August. Derzeit seien Ãœbernahmeprojekte im Markt mit einem Umsatz
von mehr als 250 Millionen Euro. Die eigene Krankenhaustochter Helios habe auch
allein eine 'hervorragende Perspektive'. Helios ist vor Rhön und Asklepios die
Nummer eins auf dem deutschen Klinikmarkt.
Schneider, der seit 2003 bei dem Dax <DAX.ETR>-Konzern im Chefsessel sitzt,
hat das vor hundert Jahren gegründete Unternehmen Schritt für Schritt durch zum
Teil spektakuläre Zukäufe vergrößert. Alle Transaktionen gingen fast geräuschlos
über die Bühne - bis auf Rhön. /ep/wiz/fbr
--- Von Elke Pfeifer, dpa-AFX ---
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