FRANKFURT (dpa-AFX) - Rhön-Klinikum <RHK.ETR> hat in einer
richtungsweisenden Hauptversammlung für eine faustdicke Überraschung gesorgt:
Die Aktionäre des fränkischen Klinikbetreibers haben mit einer Mehrheit für die
von Großaktionär Eugen Münch befürwortete Satzungsänderung gestimmt. Auf der
Hauptversammlung erhielt der Vorstoß des Großaktionärs Alecta, den umstrittenen
Passus zu kippen, 90,54 Prozent des vertretenen Kapitals. 9,46 Prozent der
Anteilseigner stimmten dagegen. Auf dem Aktionärstreffen waren 64,12 Prozent des
Grundkapitals vertreten.
Damit scheint Deutschlands drittgrößter privater Klinikkette der
Befreiungsschlag aus der Pattsituation im Aktionärskreis geglückt zu sein. Denn
im Vorjahr war der von Münch befürwortete Übernahmeversuch durch Fresenius
<FRE.ETR> am Störfeuer von Konkurrenten gescheitert. Am Abend wurde darüber
spekuliert, ob sich Rhön mit dem Asklepios-Eigner Bernard Broermann geeinigt
haben könnte, dem bisher eine Ablehnung der Satzungsänderung nachgesagt wurde.
RHÖN KÜNDIGT PRESSEERKLÄRUNG AN
Rhön hat für Donnerstag eine Mitteilung zum erreichten Abstimmungsergebnis
angekündigt. Denn ein Aus für die umstrittene Regelung bedeutet, dass für
wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse nach dem deutschen Aktienrecht nun eine
75-prozentige Kapitalmehrheit notwendig ist. Eine Sperrminorität wäre damit erst
bei mehr als 25 Prozent erreicht. Fresenius hätte damit die Möglichkeit, mit
seinen Übernahmeplänen doch noch zum Zuge zu kommen.
Rhön-Aktien legten in Frankfurt am Abend mehr als zehn Prozent zu.
Branchenbeobachter hatten dem Alecta-Vorstoß vor der Abstimmung wenig
Erfolgsaussichten eingeräumt - umso größer war nach dem Hauptversammlungsmaratho
n die Überraschung. Denn die während des Übernahmeversuchs eingestiegenen
Wettbewerber blockierten sich bisher gegenseitig. Die Satzung von Rhön sah
bisher für wichtige Beschlüsse auf Hauptversammlungen, wie Kapitalerhöhungen
oder Satzungsänderungen, eine Mehrheit von mehr als 90 Prozent des vertretenen
Kapitals vor. Schon geringe Stimmanteile konnten eine Sperrminorität bedeuten.
ALECTA AM ZIEL
Der schwedische Pensionsfonds Alecta hat mit seinem Vorstoß den Spielraum
von Rhön für Übernahmen wieder erhöht: 'Die 90-Prozent-Hürde wurde 2005 als
Abwehr gegen feindliche Übernahmen eingezogen und ist nicht mehr zeitgemäß',
begründete Alecta-Vertreter Marcus Lüttgen den Antrag. Der Fonds ist seit 2004
bei Rhön engagiert und hält 9,9 Prozent an dem Unternehmen. Münch kommt auf 12,5
Prozent. Auch Fresenius dürfte dafür gestimmt haben. Fresenius-Chef Ulf
Schneider hält das Konzept hinter der Übernahme weiterhin für überzeugend: 'Dazu
stehen wir nach wie vor, wenn es sich einmal ergeben sollte.' Die hinter
Fresenius stehende Else-Kröner-Fresenius-Stifung hält fünf Prozent an Rhön.
Münch hat sich für die Satzungsänderung stark gemacht und das Vorgehen der
Übernahmegegner im Vorjahr kritisiert. 'Ich wäre nie darauf gekommen, dass ein
langjähriger Lieferant, anstatt mit uns über Lieferungen zu verhandeln, Anteile
an Rhön erwirbt', sagte Münch in Richtung B. Braun Melsungen vor rund 500
Aktionären.
HAUPTLIEFERANT
Broermann war im Vorjahr mit fünf Prozent bei Rhön eingestiegen. Im März hat
das Bundeskartellamt Asklepios zudem erlaubt, den Anteil unter Auflagen auf bis
zu 10,1 Prozent und damit über die bisher geltende Sperrminorität aufzustocken.
Dagegen haben sowohl Rhön wie auch Fresenius Beschwerde eingelegt, die beim
Oberlandesgericht Düsseldorf ausführlich begründet werden muss. Bei den 10,1
Prozent dürfte Asklepios noch nicht angekommen sein. Broermann dürfte aber mehr
als fünf Prozent an Rhön halten und nach Einschätzung von Analysten gegen die
Initiative von Alecta und Münch gestimmt haben.
Offen blieb das Abstimmungsverhalten von Sana und B. Braun Melsungen. Dem
Klinikbetreiber Sana wird ein Anteil unter drei Prozent nachgesagt. Der Eigner
der Medizintechnik-Firma B. Braun Melsungen hat im Vorjahr fünf Prozent
erworben. Mit dem Hauptlieferanten Braun habe Rhön gesprochen, es 'gab aber
keine Indikation über das Abstimmungsverhalten', sagte Rhön-Chef Martin Siebert.
Unterstützung bekamen Alecta und Münch von der Deutschen Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW) und der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
(SdK)./ep/jha/
--- Von Elke Pfeifer, dpa-AFX ---
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| 13.06.2013